Hugendubel.info - Die Online-Buchhandlung für Geschäftskund:innen

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Sprich mit mir

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Hanser, Carl GmbH + Co.erschienen am25.01.20211. Auflage
Wer ist menschlicher? Der Mensch oder der Affe? Die Weltpremiere von T.C. Boyles neuem Roman
Sam, der Schimpanse, den Professor Schermerhorn in eine TV-Show bringt, kann in der Gebärdensprache nicht nur einen Cheeseburger bestellen, sondern auch seinen Namen sagen. Wie ein Kind wächst er umsorgt von Wissenschaftlern auf. Als die schüchterne Aimee dazu stößt, entspinnt sich eine einzigartige Beziehung: Sam erwidert ihre Gefühle und entwickelt sich regelrecht zu einem Individuum. Als jedoch die Vision Schermerhorns, der an das Menschliche im Tier glaubt, keine Schule macht, wird er für Tierexperimente von einer anderen Universität beschlagnahmt. Aimee ist am Boden zerstört und fasst einen verrückten Plan. T.C. Boyle geht ebenso komisch wie mitfühlend der Frage nach, ob uns Tiere ähnlicher sind, als wir vermuten.

T. Coraghessan Boyle, 1948 in Peekskill, N.Y., geboren, ist der Autor von zahlreichen Romanen und Erzählungen, die in vielen Sprachen übersetzt wurden. Bis 2012 lehrte er Creative Writing an der University of Southern California in Los Angeles. Bei Hanser erschienen zuletzt Das wilde Kind (Erzählung, 2010), Wenn das Schlachten vorbei ist (Roman, 2012), San Miguel (Roman, 2013), die Neuübersetzung von Wassermusik (Roman, 2014), Hart auf hart (Roman, 2015), die Neuübersetzung von Grün ist die Hoffnung (Roman, 2016), Die Terranauten (Roman, 2017), Good Home (Stories, 2018), Das Licht, (Roman, 2019) Sind wir nicht Menschen (Stories, 2020) sowie Sprich mit mir (Roman, 2021).
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextWer ist menschlicher? Der Mensch oder der Affe? Die Weltpremiere von T.C. Boyles neuem Roman
Sam, der Schimpanse, den Professor Schermerhorn in eine TV-Show bringt, kann in der Gebärdensprache nicht nur einen Cheeseburger bestellen, sondern auch seinen Namen sagen. Wie ein Kind wächst er umsorgt von Wissenschaftlern auf. Als die schüchterne Aimee dazu stößt, entspinnt sich eine einzigartige Beziehung: Sam erwidert ihre Gefühle und entwickelt sich regelrecht zu einem Individuum. Als jedoch die Vision Schermerhorns, der an das Menschliche im Tier glaubt, keine Schule macht, wird er für Tierexperimente von einer anderen Universität beschlagnahmt. Aimee ist am Boden zerstört und fasst einen verrückten Plan. T.C. Boyle geht ebenso komisch wie mitfühlend der Frage nach, ob uns Tiere ähnlicher sind, als wir vermuten.

T. Coraghessan Boyle, 1948 in Peekskill, N.Y., geboren, ist der Autor von zahlreichen Romanen und Erzählungen, die in vielen Sprachen übersetzt wurden. Bis 2012 lehrte er Creative Writing an der University of Southern California in Los Angeles. Bei Hanser erschienen zuletzt Das wilde Kind (Erzählung, 2010), Wenn das Schlachten vorbei ist (Roman, 2012), San Miguel (Roman, 2013), die Neuübersetzung von Wassermusik (Roman, 2014), Hart auf hart (Roman, 2015), die Neuübersetzung von Grün ist die Hoffnung (Roman, 2016), Die Terranauten (Roman, 2017), Good Home (Stories, 2018), Das Licht, (Roman, 2019) Sind wir nicht Menschen (Stories, 2020) sowie Sprich mit mir (Roman, 2021).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783446269873
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum25.01.2021
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5422807
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

UM DIE WAHRHEIT ZU SAGEN


Sie lernte nicht. Sie wollte lernen, sie hatte es vor, sie würde jeden Moment damit anfangen. Aber erst wollte sie das Album zu Ende hören - das neue von den Talking Heads mit der bassbetonten Coverversion von »Take Me To The River«, das sie nicht oft genug hören konnte - und durch alle Fernsehkanäle zappen, während sie ihre tägliche Dosis Dinatriumguanylat, autolysierten Hefeextrakt und ausgeschmolzenes Hühnerfett zu sich nahm. Mit anderen Worten: die Instant-Ramen, die in letzter Zeit so ziemlich das Einzige waren, was sie aß. Sie waren billig und schnell zubereitet, und das war alles, was zählte. Nicht, dass sie darüber besonders froh gewesen wäre - sie wusste, sie sollte sich besser ernähren, aber es war Wochen her, dass sie etwas auch nur annähernd Gesundes gegessen hatte, und das waren dann bloß Spaghetti mit einer roten Sauce aus dem Glas gewesen, dazu ein paar Blätter Eisbergsalat und ein bisschen eingelegtes Gemüse. War eingelegtes Gemüse gesund? Es beugte Skorbut vor, das hatte sie irgendwo gelesen. Columbus hatte es als Proviant auf der Niña, der Pinta und der Santa Maria mitgenommen, aber sie befand sich ja nicht auf hoher See, sondern in einem Studentenwohnheim, und ihr Problem war Zeit. Und Wille. Arbeiten, lernen, arbeiten, lernen - es war, als säße sie auf einem Standfahrrad und träte wie verrückt in die Pedale, ohne sich je vom Fleck zu bewegen.

Die Ramen (mit Shrimp-Limonen-Geschmack) kochten auf dem Herd. Ihre Bücher lagen ausgebreitet auf dem alten Schrankkoffer vom Trödel, den sie als Sofatisch benutzte. Sie wollte lernen und dabei essen, danach vielleicht einen kleinen Spaziergang machen und dann weiter lernen, bis sie zu Bett ging, was sie in letzter Zeit irgendwann zwischen elf und zwei tat, je nachdem, wie gelangweilt sie war und wie aussichtslos ihr das Streben nach einem Studienabschluss vorkam. Doch zuerst griff sie nach der Fernbedienung, um zu sehen, was gerade im Fernseher lief. Auf dem Bildschirm erschien ein Haufen entschlossener Gestalten mit Helmen und Stollenschuhen, die auf einer weiten, leuchtend grünen Rasenfläche einem Ball hinterherliefen. Sie schaltete weiter: eine Sitcom. Weiter: Nachrichten. Weiter: eine Gameshow.

Es war eine, die sie auch zu Hause immer gesehen hatte, und als das Logo eingeblendet wurde, war ihr Heimweh wie ein kleiner Stich: Sie und ihre Schwester lagen auf dem Teppich im Wohnzimmer und machten ihre Hausaufgaben, ihre Mutter saß im Fernsehsessel, ließ die Eiswürfel in ihrem zweiten oder dritten Wodka-Soda klirren und rauchte eine Lark, während eine weitere im Aschenbecher vor sich hin qualmte. Und dazu die Show, so tröstlich in ihrer Banalität, alles wie immer, ein paar Prominente, von denen man bis zu dieser Sendung noch nie gehört hatte - wer bitte war Kitty Carlisle? - und die sich bemühten, witzig und urban zu wirken. Das Ganze war ein Schaufenster, in dem die Mittelschicht eine Welt der Martinis, der Limousinen und des großzügig aufgetragenen Make-ups besichtigen konnte. Drei Männer - zwei ältere mit Brille und ein jüngerer ohne - erschienen aus den Kulissen und behaupteten, Guy Schermerhorn zu sein, bevor sie sich an den rechts aufgebauten Kandidatentisch setzten. Ihnen gegenüber, auf der linken Seite, stand der Tisch des Rateteams aus vier Prominenten, die herausfinden sollten, wer log und wer die Wahrheit sagte.

Eigentlich hatte sie keine Zeit dafür, aber dann hatte sie sie doch, denn was der Moderator da ankündigte, war nicht das Übliche: Guy Schermerhorn war nicht der unscheinbare Ehemann einer Sexbombe oder irgendein Autorennfahrer, den man nur an seinem Helm erkannte, oder der Entdecker eines neuen Elements im Periodensystem, sondern ein Wissenschaftler, der behauptete, er bringe Affen das Sprechen bei. Sie hatte davon gehört - das Ganze fand sogar hier, an der UCSM, statt, oder? Und bei näherem Hinsehen kam ihr der junge Typ, der in der Mitte, irgendwie bekannt vor, als hätte sie ihn schon mal auf dem Campus gesehen, doch ob das nun stimmte oder nicht - sie war auf jeden Fall sicher, dass er die Wahrheit sagte. Die beiden anderen verströmten mehr professorale Würde, aber das lag nur an den Brillen und dem Altersunterschied, und natürlich versuchten die Produzenten der Show, das Publikum zu täuschen, damit es ebenso im Dunkeln tappte wie das Rateteam, denn sonst hätte sich das ja niemand angesehen.

Bill Cullen - auch er trug eine Brille, mit so dicken Gläsern, dass sie seine Augen verzerrten - war als Erster an der Reihe und fragte den Guy Schermerhorn Nr. 1, der ganz links saß: »Was hat der Affe als Erstes gesagt? Ich vermute, es war entweder: Hast du mal ne Zigarette? oder: Kannst du mir zehn Cent leihen, damit ich meinen Anwalt anrufen kann und er mich hier rausholt? «

Das Publikum lachte. Guy Schermerhorn Nr. 1 lachte ebenfalls, fasste sich aber und sagte: »Sie sprechen nicht im eigentlichen Sinne - es ist mehr eine Gebärdensprache.«

»Ach, tatsächlich?« Bill Cullen beugte sich über den langen Tisch, an dem das Rateteam saß. Er genoss es, er freute sich über die Gelegenheit, all den Leuten in den Wohnzimmern Amerikas zu zeigen, was für ein scharfsinniger Bursche er war, und kostete aus, dass er prominent war und sie nicht. »Wie sagt man: Für mich einen Martini ohne Eis und mit zwei Oliven ?«

Wieder lachte das Publikum. Guy Schermerhorn Nr. 1 parierte die Frage mit einem kleinen Witz, als wollte er sich für einen Platz im Rateteam empfehlen. »Wir raten unseren Affen von Alkohol ab«, sagte er und sah mit unbewegtem Gesicht in die Kamera, aber er versuchte nicht mal, irgendeine Gebärde zu machen, und das fand Aimee, die sich ohnehin schon auf Nr. 2 festgelegt hatte, total verräterisch.

Jetzt war Kitty Carlisle dran, alterslos mit ihrer mitternachtsschwarzen Hochfrisur, auch wenn die Haut am Hals so straff gespannt war wie ein Einkaufsnetz. Sie warf einen katzenhaften Blick in die Kamera und sah dann Nr. 3 an. »Könnten Sie uns vielleicht einen Satz in die Gebärdensprache übersetzen? Sie benutzen doch Gebärdensprache, oder?«

Nr. 3 nickte.

»Wir wär s mit, sagen wir: Möchtest du deinen Kaffee schwarz oder mit Milch und Zucker? «

Der Mann hob die Hände in Brusthöhe, und für einen Augenblick dachte Aimee, sie habe sich getäuscht, und dieser Typ sei der echte Guy Schermerhorn, doch dann ließ er sie wieder sinken und sagte: »Sie kriegen keinen Kaffee.«

»Weil es sie zappelig macht?«, fragte der Moderator, und wieder lachten alle. Der Moderator saß in der Bühnenmitte an einem eigenen Tisch, seine Glatze schimmerte im Scheinwerferlicht. Sein Name fiel Aimee nicht ein, aber das machte nichts. Auch er war ein Prominenter.

Kitty Carlisle konnte sich den Witz nicht verkneifen. »Und was ist mit koffeinfreiem?«, fragte sie niemand Besonderen - sie warf es einfach in die Runde -, bevor sie den Kandidaten in der Mitte, Guy Schermerhorn Nr. 2, mit einem durchdringenden Blick musterte. »Was ist mit Ihnen, Nummer zwei - können Sie uns zeigen, wie man zu einem Affen sagt: Möchtest du deinen Kaffee schwarz oder mit Milch und Zucker? « Und mit einem raschen Blick in die Kamera: »Ich meine, nur für den Fall, dass wir mal einen Affen zum Abendessen einladen.«

Guy Schermerhorn Nr. 2 - der echte Guy Schermerhorn, da war sich Aimee ganz sicher - war Ende zwanzig, Anfang dreißig und hatte langes, knapp links der Mitte gescheiteltes Haar, das er hinter die Ohren gestrichen hatte. Seine Augen zuckten, doch dann kam sogleich eine unerschütterliche Ruhe über ihn. Er gebrauchte nur die Finger (man nannte es das Fingeralphabet, erfuhr sie später) und bewegte sie so schnell und sicher, als wäre er ein Klarinettist, der den »Hummelflug« ohne Instrument spielte.

Kitty Carlisle sagte: »Das war entweder das Erstaunlichste, was wir in dieser Show je gesehen haben, oder aber völliger Blödsinn. War es völliger Blödsinn, Nummer zwei?«

Schermerhorn Nr. 2 schüttelte den Kopf, und dann bekamen die anderen beiden Mitglieder des Rateteams Gelegenheit, die Kandidaten zu befragen, aber die Sache war im Grunde entschieden, und am Ende stimmten drei für Guy Schermerhorn Nr. 2, einer (Bill Cullen) für Nr. 1 und keiner für Nr. 3. Doch halt, es war noch nicht vorbei: Als alle darauf warteten, dass der echte Guy Schermerhorn aufstand und sich verbeugte, geschah etwas Unerwartetes â¦

Der Vorhang hinter der Bühne teilte sich, und siehe da, ein Schimpanse in Windeln und einem Polohemd mit abgeschnittenen Ärmeln trat hervor, und er stützte sich nicht auf die Fingerknöchel, sondern bewegte sich in einem schwankenden...
mehr

Autor

T. Coraghessan Boyle, 1948 in Peekskill, N.Y., geboren, ist der Autor von zahlreichen Romanen und Erzählungen, die in vielen Sprachen übersetzt wurden. Bis 2012 lehrte er Creative Writing an der University of Southern California in Los Angeles. Bei Hanser erschienen zuletzt Das wilde Kind (Erzählung, 2010), Wenn das Schlachten vorbei ist (Roman, 2012), San Miguel (Roman, 2013), die Neuübersetzung von Wassermusik (Roman, 2014), Hart auf hart (Roman, 2015), die Neuübersetzung von Grün ist die Hoffnung (Roman, 2016), Die Terranauten (Roman, 2017), Good Home (Stories, 2018), Das Licht, (Roman, 2019) Sind wir nicht Menschen (Stories, 2020) sowie Sprich mit mir (Roman, 2021).