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Die Insel der Orangenblüten - -

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.04.2023
Sommer, Sonne, Italien! Die Trattoria Paradiso öffnet ihre Seeterrasse, und drei Schwestern finden das Glück.
Auf einer kleinen malerischen Insel im Trasimeno-See ist die Trattoria Paradiso von Ernesto Peluso das Herzstück der Einwohner. Als Ernesto plötzlich stirbt, muss seine jüngste Tochter Greta das Lokal allein weiterführen. Sie ist wie ihr Vater eine begnadete Köchin, und zur großen Erleichterung der eingeschworenen Inselgemeinschaft scheint in der Trattoria alles so zu bleiben, wie es war. Der überraschende Tod des Vaters bringt jedoch auch Greta und ihre beiden älteren Schwestern Lorena und Gina, von denen sie sich längst entfremdet hat, wieder zusammen und konfrontiert sie mit ihrer lange verdrängten Vergangenheit. Und so müssen die drei so verschiedenen Frauen endlich ihrem großen Familiengeheimnis auf den Grund gehen: was in jener Nacht vor vielen Jahren geschah, als ihre Mutter spurlos verschwand ...

Fiona Blum ist das Pseudonym der Schriftstellerin und Juristin Veronika Rusch. Sie hat Rechtswissenschaften und Italienisch in Passau und Rom studiert und mehrere Jahre als Anwältin gearbeitet. Heute lebt sie als Schriftstellerin mit ihrer Familie in einem alten Bauernhaus in Oberbayern. Für ihren Roman »Liebe auf drei Pfoten« erhielt sie den begehrten DELIA-Literaturpreis.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextSommer, Sonne, Italien! Die Trattoria Paradiso öffnet ihre Seeterrasse, und drei Schwestern finden das Glück.
Auf einer kleinen malerischen Insel im Trasimeno-See ist die Trattoria Paradiso von Ernesto Peluso das Herzstück der Einwohner. Als Ernesto plötzlich stirbt, muss seine jüngste Tochter Greta das Lokal allein weiterführen. Sie ist wie ihr Vater eine begnadete Köchin, und zur großen Erleichterung der eingeschworenen Inselgemeinschaft scheint in der Trattoria alles so zu bleiben, wie es war. Der überraschende Tod des Vaters bringt jedoch auch Greta und ihre beiden älteren Schwestern Lorena und Gina, von denen sie sich längst entfremdet hat, wieder zusammen und konfrontiert sie mit ihrer lange verdrängten Vergangenheit. Und so müssen die drei so verschiedenen Frauen endlich ihrem großen Familiengeheimnis auf den Grund gehen: was in jener Nacht vor vielen Jahren geschah, als ihre Mutter spurlos verschwand ...

Fiona Blum ist das Pseudonym der Schriftstellerin und Juristin Veronika Rusch. Sie hat Rechtswissenschaften und Italienisch in Passau und Rom studiert und mehrere Jahre als Anwältin gearbeitet. Heute lebt sie als Schriftstellerin mit ihrer Familie in einem alten Bauernhaus in Oberbayern. Für ihren Roman »Liebe auf drei Pfoten« erhielt sie den begehrten DELIA-Literaturpreis.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641245955
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum20.04.2023
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3321 Kbytes
Artikel-Nr.10228453
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Greta folgte Orazio Mezzavalle und seiner Musikkapelle, deren Trauermarsch voller falscher Töne ebenso holperte und stolperte wie die Trauergäste auf ihrem Weg den Hügel hinunter. Ihre Schwestern waren ein Stück zurückgeblieben. Die Illusion der Zusammengehörigkeit, die ihr gemeinsamer Gang zur Kirche zumindest nach außen hin vermittelt hatte, begann bereits wieder zu bröckeln. Doch Greta spürte kein Bedauern, sie war es gewohnt, ohne ihre Schwestern auszukommen. Sie fühlte sich unwirklich, ihre Füße schienen kaum den Boden zu berühren, und wäre nicht Tante Adelina gewesen, die sich bei ihr eingehakt hatte und mit leiser, nörgelnder Stimme ihre Kommentare zur Predigt, Musik und den Anwesenden abgab, wäre sie vermutlich davongeflogen. Greta hob das Gesicht in den zartblauen Frühlingshimmel und wünschte sich, ihre Tante würde sie nicht am Boden halten. Sie würde zu den Olivenbäumen hinaufschweben, schwerelos, sich in den dunklen Ästen der Zedern verstecken und die Trauergesellschaft von oben betrachten, wie sie sich den Weg wieder hinunterbewegte, langsam und doch zielstrebig auf die Trattoria zumarschierte wie eine Kompanie von schwarzen Waldameisen auf der Suche nach Futter. Greta wusste, sie würde erst begreifen, dass ihr Vater nicht mehr lebte, wenn sie allein war. Doch noch war es nicht so weit. Es galt, die Freunde und Verwandten zu bewirten, ihnen zu danken für das letzte Geleit, das sie ihrem Vater gegeben hatten. Babbo hätte es so gewollt. Er hätte sich gutes Essen und viel Wein zu seiner Trauerfeier gewünscht. Und Musik. Auch wenn sie so falsch klang wie die von Orazios Chaotentruppe. Oder aber gerade deshalb. Perfektion war nicht die Sache ihres Vaters gewesen. Und ihre auch nicht. Das überließ sie ihrer Schwester Lorena. Sie hatte die Perfektion gepachtet, da war für die beiden anderen Peluso-Schwestern nichts mehr übrig geblieben. Vermutlich war Lorena deshalb auch Anwältin geworden: Weil Gerechtigkeit auch eine Form von Perfektion war. Greta dachte lieber mit dem Bauch, auf ihn konnte sie sich meist verlassen. Und Gina? Die dachte immer erst dann, wenn es zu spät war. Als sie den Dorfeingang erreichten, schüttelte Greta Tante Adelinas Klammergriff ab und blieb stehen. Die Trattoria ihres Vaters war das erste Haus auf der Seeseite, ein schlichtes dreistöckiges Gebäude, behäbig, breit und unverputzt, aus den Steinen dieser Insel gemauert. Das Grundstück grenzte an den Park der Villa Isabella, der rückwärtige Garten führte an dessen verwitterter Mauer entlang hinunter bis zum See. Da die Trattoria mit ihren fünf Tischen drinnen und noch einmal fünf im Garten viel zu klein war, um alle Trauergäste zu beherbergen, hatten sie entlang der Parkmauer ein Büfett aufgebaut. Es war noch ein wenig zu früh zum Mittagessen, so gab es vor allem Kleinigkeiten, wie man sie zum Aperitif servierte. Sie hatte gestern zusammen mit Domenico, ihrem Pizzabäcker, und Adelina den ganzen Tag und die halbe Nacht gekocht und gebacken, und jetzt standen auf den weiß gedeckten Tischen große Steingutplatten, beladen mit goldgelb frittierten Olive Ascolane und Supplì di Riso, Schinken und klein geschnittenen Würsten aus Norcia, fetter, glänzender Porchetta, Crostini mit Trüffelpastete, Pecorino, Schüsseln mit gekühlter Panzanella, dem Brotsalat, den ihr Vater im Sommer so gern gemocht hatte, Krüge mit grünem Olivenöl, kleine Schälchen mit grobem Salz, Oliven und frische Torta al Testo, die umbrische Variante der Focaccia, selbst gebackenes Brot mit dunkler, harter Krume. Außerdem gab es noch Süßes wie Cantuccini, knuspriges Mandelgebäck, zum Vino Santo und Schalen mit weichen, fluffigen Ricciarelli und bunten Fave dei Morti, sogenannten Totenküchlein, die eigentlich zu Allerheiligen gebacken wurden. Da sie aber das Lieblingsgebäck ihres Vaters gewesen waren, hatte Greta sie für heute ebenfalls vorbereitet, gegen den erbitterten Widerstand von Adelina, die nichts davon hielt, gegen christliche Traditionen zu verstoßen. Selbst dann nicht, wenn es zu Ehren ihres toten Bruders geschah. Domenico war nach der Trauerfeier mit seinem Fahrrad schnell vorausgefahren und hatte alle Schüsseln, Schalen, Teller, Servietten und Gläser nach draußen getragen, den Weißwein in eisgefüllte Kühler gestellt und die Wasserflaschen gefüllt. Sie musste nicht nachsehen, ob alles bereit war, auf Domenico konnte sie sich verlassen. Dennoch zögerte sie hineinzugehen. Die Trauergäste scharten sich um sie, ihre Schwestern sahen sie fragend an, und sie spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach.

Adelina stieß sie an. »Du musst was sagen, Greta. Es hätte sich eigentlich schon oben, gleich nach der Beerdigung, gehört. Die Leute meinen sonst, wir wären zu geizig, sie einzuladen ...« Greta hörte nicht mehr hin. In ihren Ohren rauschte es. Sie hasste es, vor vielen Leuten zu sprechen. Um ehrlich zu sein, sprach sie überhaupt nicht gern, seit sie als Kind mehrere Jahre vollkommen stumm gewesen war. Zwar hatte sie eines Tages wieder angefangen zu sprechen, dennoch hatte sie noch immer das Gefühl, es nicht richtig zu können. Die Worte kamen nicht so flüssig und mühelos aus ihrem Mund wie bei ihren Schwestern, bei ihrem Vater oder bei Tante Adelina, die ohne Punkt und Komma reden konnte. Und wenn ihr einmal nichts mehr einfiel, fügte sie einfach ein paarmal ein Madresanto oder ein Diomio hinzu und redete dann schnell weiter, so als hätte sie Angst davor, dass sich zwischen ihren Sätzen ein Abgrund auftun könnte. Adelina fürchtete sich vor den Pausen zwischen den Wörtern, als ob dort Dämonen lauerten. Deshalb bekreuzigte sie sich auch andauernd, vermutete Greta. Hinter Tante Adelinas breitem Rücken lauerte das Böse, stets bereit, beim geringsten Anzeichen von Unaufmerksamkeit zuzuschlagen. Bei Greta dagegen war es andersherum. Sie fürchtete sich vor den Wörtern zwischen dem Schweigen. Es war die Abwesenheit von Wörtern, die sie wie ein tröstlicher Kokon umhüllte und ihr ein Gefühl von Sicherheit vermittelte. Wenn es Dämonen gab, dann kamen sie wortreich daher, nicht schweigend, davon war Greta überzeugt.

Wieder knuffte Adelina sie in die Seite. »Jetzt reiß dich mal zusammen, Greta. Mach den Mund auf. Was sollen die Leute denken?«, zischte sie.

Greta schluckte, suchte in ihrem Kopf, ihrem Bauch, wo auch immer nach den richtigen Worten und fand nur Leere. Das Atmen fiel ihr plötzlich schwer. Da glitt ihr Blick zu Don Pittigrillo, der ihr zunickte und sie dabei mit seinen gütigen Augen so freundlich ansah, dass sie wieder atmen konnte. Sie straffte die Schultern und räusperte sich. Dann sagte sie, mit einem mühsamen Lächeln, an die Wartenden gerichtet: »Mein Vater heißt euch in der Trattoria Paradiso willkommen.«

Sie blieb zusammen mit Adelina neben der Tür zur Trattoria stehen, erleichtert, ihre Aufgabe gemeistert zu haben, und nickte jedem Einzelnen zu, der eintrat. Die Trattoria und der Garten füllten sich schnell mit Leuten, die beiden Aushilfen boten zusammen mit Domenico Wein an und geleiteten die Gäste ans Büfett. Nach und nach ließ die Anspannung unter den Trauernden ein wenig nach. Bald würde man beginnen, wieder unbefangen miteinander zu plaudern, Erinnerungen auszutauschen und - das vor allem - zu essen. Greta und ihr Vater hatten in der Trattoria schon öfter nach Beerdigungen die Feier ausgerichtet, und Greta war immer wieder über den großen Appetit von Trauergästen verblüfft gewesen.

»Trauer macht hungrig«, hatte ihr Vater dann gesagt. »Es ist anstrengend, sich mit dem Tod zu beschäftigen. Mindestens so viel Arbeit, wie von der Insel ans Festland zu rudern.« Und dann hatte er gelacht und eine weitere Schüssel mit dampfenden Spaghetti nach draußen getragen. Greta musste schlucken, als sie daran dachte. Jeder Handgriff, jeder Teller, jeder Gedanke, der mit der Trattoria zusammenhing, würde sie in Zukunft an Babbo erinnern. Wie sollte sie das ertragen? Greta hatte keine Tränen, sie verspürte keinen Hunger, keinen Durst, sie fühlte überhaupt nichts, außer dem noch immer schier übermächtigen Wunsch, einfach davonzuschweben - wie ein Blütenblatt, eine Vogelfeder, ein Staubkorn - und alles hinter sich zu lassen.

»Den nicht!« Adelina packte Greta hart am Arm und schob sie in den Gastraum. Als sie die Tür zuschlug, klirrte die Glasscheibe.

Greta war erschrocken zusammengezuckt, als ihre Tante sie so unsanft aus ihren Gedanken gerissen hatte. »Was ist los?«, fragte sie.

»Der kommt hier nicht rein«, murrte Adelina und deutete durch die Glasscheibe auf den Mann, der in einigem Abstand auf der Straße stand.

Greta folgte ihrem Blick. Der Mann war allein, offenbar waren alle anderen schon in die Trattoria gekommen, ohne dass sie es bemerkt hatte. Er trug einen schäbigen schwarzen Anzug und ein am Kragen ausgefranstes Hemd, das mehr gelb als weiß aussah. Seine Schuhe waren ausgetreten und staubig, und er hatte keine Socken an.

»Das ist Tano«, sagte Greta verwundert. »War er etwa auch auf Babbos Beerdigung? Ich habe ihn gar nicht gesehen.«

Tano war ebenfalls Insulaner, doch nicht wirklich Teil der kleinen, höchstens noch fünfzig Seelen zählenden Gemeinschaft derjenigen Menschen, die hier ständig wohnten und nicht nur wegen der Touristen im Sommer herkamen. Er hauste in einer winzigen, baufälligen Kate in der Nähe des alten Hafens, war Fischer, verbrachte aber den Großteil seiner Tage vor allem mit dem Trinken. Er mied die Gesellschaft von Menschen, und man sah ihn manchmal wochenlang nicht, bis er plötzlich auftauchte, meist in Begleitung eines seiner großen schwarzen Hunde. Dann kaufte er im winzigen Lebensmittelgeschäft von Cinzia Locatelli ein, Spaghetti, Reis, Brot, Hundefutter, Wein und Schnaps, trank...

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Autor

Fiona Blum ist das Pseudonym der Schriftstellerin und Juristin Veronika Rusch. Sie hat Rechtswissenschaften und Italienisch in Passau und Rom studiert und mehrere Jahre als Anwältin gearbeitet. Heute lebt sie als Schriftstellerin mit ihrer Familie in einem alten Bauernhaus in Oberbayern. Für ihren Roman »Liebe auf drei Pfoten« erhielt sie den begehrten DELIA-Literaturpreis.