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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
251 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am12.07.2023
Zwölf schaurige Geschichten von zwölf Autoren über zwölf reale Orte auf Mallorca, angelehnt an Legenden und Ereignisse von der Römerzeit bis in die Gegenwart: Wie ein berühmter Steinschleuderer der Antike zum Vorbild für einen Jungen wird, der eine fatale Entscheidung trifft. Warum unterhalb der Burg von Alaró eine berüchtigte Räuberhöhle auch heute noch zum urigen Speisen einlädt. Als zwei hingebungsvolle Ärzte versuchten, die schreckliche Pest aus Palma zu vertreiben. Weshalb das Verwirrspiel um die Weihnachtslotterie zum verhängnisvollen Ende einer Freundschaft führt u. a.

Lutz Kreutzer, 1959 in Stolberg geboren, schreibt Thriller, Kriminalromane sowie Sachbücher und gibt Kurzgeschichten-Bände heraus. Auf den großen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig sowie auf Kongressen coacht er Autoren, ebenso richtet er den Self-Publishing-Day aus. Am Forschungsministerium in Wien hat er ein Büro für Öffentlichkeitsarbeit gegründet. In Hörfunk und TV wurden zahlreiche Beiträge über seine Arbeit gesendet. Seine beruflichen Reisen und alpinen Abenteuer nimmt er zum Anlass, komplexe Sachverhalte in spannende Literatur zu verwandeln. Lutz Kreutzer war lange als Manager in der IT- und Hightech-Industrie tätig. Seine Arbeit wurde mit mehreren Stipendien gefördert. Heute lebt er in der Nähe von Salzburg. Mehr Informationen zum Autor unter: www.lutzkreutzer.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
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EUR10,99

Produkt

KlappentextZwölf schaurige Geschichten von zwölf Autoren über zwölf reale Orte auf Mallorca, angelehnt an Legenden und Ereignisse von der Römerzeit bis in die Gegenwart: Wie ein berühmter Steinschleuderer der Antike zum Vorbild für einen Jungen wird, der eine fatale Entscheidung trifft. Warum unterhalb der Burg von Alaró eine berüchtigte Räuberhöhle auch heute noch zum urigen Speisen einlädt. Als zwei hingebungsvolle Ärzte versuchten, die schreckliche Pest aus Palma zu vertreiben. Weshalb das Verwirrspiel um die Weihnachtslotterie zum verhängnisvollen Ende einer Freundschaft führt u. a.

Lutz Kreutzer, 1959 in Stolberg geboren, schreibt Thriller, Kriminalromane sowie Sachbücher und gibt Kurzgeschichten-Bände heraus. Auf den großen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig sowie auf Kongressen coacht er Autoren, ebenso richtet er den Self-Publishing-Day aus. Am Forschungsministerium in Wien hat er ein Büro für Öffentlichkeitsarbeit gegründet. In Hörfunk und TV wurden zahlreiche Beiträge über seine Arbeit gesendet. Seine beruflichen Reisen und alpinen Abenteuer nimmt er zum Anlass, komplexe Sachverhalte in spannende Literatur zu verwandeln. Lutz Kreutzer war lange als Manager in der IT- und Hightech-Industrie tätig. Seine Arbeit wurde mit mehreren Stipendien gefördert. Heute lebt er in der Nähe von Salzburg. Mehr Informationen zum Autor unter: www.lutzkreutzer.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839277584
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum12.07.2023
Reihen-Nr.5
Seiten251 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11592448
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Der Steinschleuderer
von Lutz Kreutzer

Die Ureinwohner Mallorcas waren die besten Steinschleuderer des Altertums. Auch heute gibt es wieder Wettbewerbe, die den besten »Foner Balear« ausstreiten - den Meister der Steinschleuderer.

Den Karthagern und später den Römern dienten die Steinschleuderer in ungezählten Schlachten als tödlichste Schützentruppe, weshalb sie bei den Griechen, also ihren Feinden, bald zur Legende wurden und dadurch ihrer Heimat einen Namen gaben. Denn der Name der Inselgruppe »Balearen« ist vom altgriechischen Wort »bállein« hergeleitet, was »werfen« oder »schleudern« bedeutet.

Trotz der ungeheuren Kampfkraft der Foners Balears schaffte es im Jahre 426 n. Chr. zu Zeiten der Völkerwanderung ein germanischer Stamm, Mallorca zu erobern und die Römer zu vertreiben. Das Teatre Romà in den Ruinen von Pollentia steht heute noch sinnbildlich für die kulturelle Hochblüte jener längst vergangenen Zeiten.

*

»Wieso macht sie das?«, fragte Juan verzweifelt. Er schlug die flache Hand auf den Felsblock, auf dem er neben seinem Großvater saß, einem raubeinigen Mallorquiner mit einem großen Herzen.

Der alte Mann streichelte sein blondes Haar und antwortete: »Sie meint es gut mit dir, mein Junge.«

»Sie meint es gut«, zischte Juan. »Wirklich? Ich bekomme nur was zu essen, wenn ich die Zielscheibe treffe, hat sie gesagt. Ansonsten gibt sie mir einfach nichts!«

Der Großvater griff in seine Tasche und holte ein kleines Päckchen heraus. »Da, für dich. Iss!«

Juan griff zu und biss genüsslich in das Sandwich aus mallorquinischem Brot, Schinken, Käse und einem Salatblatt. »Aber warum muss gerade ich das Schleudern lernen?«, grummelte er mit vollem Mund. »Mir macht es gar keinen Spaß. Und dann faselt sie andauernd von der glorreichen Vergangenheit, den Römern und so«, schimpfte er und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. Seine Stirn zeigte Zornesfalten und sein Großvater legte ihm die Hand auf den dünnen Oberschenkel.

»Hör zu, mein Junge«, sagte der Alte sanft, wobei sein üppiger Schnurrbart wippte und mit den gleißenden Sonnenstrahlen zu spielen schien. »Die Römer muss man nicht mögen. Sie waren brutal und taten nicht immer alles, um uns das Leben angenehm zu machen. Aber sie haben uns immerhin lange gegen andere Eindringlinge verteidigt.«

»Und? Hat es geholfen?«, fragte Juan angriffslustig, wobei er versehentlich ein Stückchen Brot ausspuckte.

Der Großvater hob resigniert die Schultern. »Nein, die Vandalen haben schließlich unsere alte römische Hauptstadt verwüstet. Nur die paar Ruinen hier hinter uns sind von Pollentia noch übrig geblieben.«

Juan schluckte. »Das â¦ das ist eine traurige Sache, was damals passiert ist, oder?«, fragte er mit belegter Stimme und sah in das Halbrund des Teatre Romà, oder besser gesagt dessen, was davon übrig war.

»Ja, das ist es.« Der Großvater lächelte kurz und hob die Hand. »Hör zu, Juan. Ich erzähle dir eine Geschichte. Von dem alten Mallorca. Sie handelt von einem Jungen, der so alt war wie du und nur eine Bestimmung hatte. Dann wirst du deine Mutter vielleicht besser verstehen â¦«

*

420 nach Christus

»Ich habe Hunger!«, schrie der Junge seiner Mutter ins Gesicht.

»Na und? Alle haben irgendwann Hunger. Wenn du essen willst, dann musst du treffen«, pflaumte sie ihn an. Mit ausgestrecktem Arm stand sie vor ihm und zeigte auf den Baum, in dessen Astgabel ein Stück mallorquinisches Bauernbrot platziert war.

Für seine zwölf Jahre war der Junge zwar hochgewachsen, aber seine Arme und Beine waren spindeldürr, sodass er ungelenk wirkte, als er immer wieder vor Wut das geflochtene schmale Band aus Grasfasern auf den großen Stein schlug, der vor ihm lag.

»Lass das!«, fuhr seine Mutter ihn an und gab ihm einen Klaps auf den Kopf. »Diese Schleuder hat dein Vater für dich gemacht, in einer Vollmondnacht hat er das Espartogras geerntet und getrocknet. Und nur für dich geflochten, damit du mit ihr umzugehen lernst, anstatt sie achtlos zu missbrauchen und zu zerstören!«

»Warum?«, blaffte der Junge.

»Andere in deinem Alter müssen das auch lernen!«

Wütend pfefferte er das lange Geflecht auf den Boden und rannte auf den Baum zu. Am Fuß des Stamms machte er Anstalten, hinaufzuklettern. Doch seine Mutter war schnell hinter ihm. »Wag es!«, drohte sie und zog ihn an seinem Gürtel herunter, bevor er das Brot erreicht hatte. Als er zu Boden fiel, beugte sie sich über ihn. »Wenn du es nicht lernen willst, dann sollst du hungrig bleiben.« Sie warf ihm noch einen strafenden Blick zu und ging zurück zu der Stelle, die sie als Abwurfpunkt für Nelio vorgegeben hatte.

Der Junge hatte Tränen in den Augen, weniger vor Schmerz als vor Zorn. Er hob den Kopf, verschränkte die Arme und sah zur Seite.

»Hör zu, Nelio, komm her«, befahl sie. Doch der Junge blieb wie angewurzelt stehen und reckte den Kopf noch höher in die Luft.

»Nun komm schon, du Dickkopf«, frotzelte sie und winkte ihn zu sich.

Als Nelio kurz zu ihr hinübersah, schien ihr Lächeln seinen Zorn zu schmelzen. Er grinste kurz zurück und schlenderte auf sie zu.

Sie nahm ihn in die Arme und knuffte ihn liebevoll. »Dein Vater war einer der Besten, die für die Römer gekämpft haben. Dafür ist er den Heldentod gestorben. Und daher ist es unsere Pflicht, aber auch eine Ehre, diese Tradition aufrechtzuerhalten. Die Steinschleuderer haben schon für Karthago gegen die Griechen gekämpft. Nach mallorquinischer Sitte ist diese Kunst das Wertvollste und Wehrhafteste, was wir haben. Ich werde aus dir einen Foner Balear machen, einen der besten. Ach, was rede ich!«, rief sie und warf die Hände in die Höhe. »Den besten!«

Nelio starrte sie griesgrämig an und schnitt eine gequälte Grimasse.

»Junge, die Steinschleuderer gelten als die zuverlässigsten und treffsichersten Krieger der Römer, seit sie Mallorca erobert haben. Aber dazu muss man eben üben, üben und nochmals üben! Verstehst du das, Nelio?«

Der Junge sah erst zu Boden, dann tief in ihre Augen und klagte: »Aber ich habe Hunger!«

»Dann triff!« Sie wandte sich um und entfernte sich.

Der Junge fluchte leise. Aber so war es eben. Alle jungen Burschen mussten üben und sich ihr Essen verdienen. Doch Nelio war mindestens ebenso störrisch, wie seine Mutter streng war. Er tapste lustlos umher, trat gegen ein paar kleine Steine und lugte immer wieder zu seiner Mutter hinüber, die in ihrer lilafarbenen Tunika auf der Veranda saß und ihn beobachtete, während die beiden großen Hunde neben ihr auf dem Boden lagen und hechelnd die Sonne genossen.

Immer wieder derselbe Vortrag, wie gut es für ihn sei, eines Tages in einer römischen Legion zu dienen. Und um als Mallorquiner in ihren Reihen als Steinschleuderer kämpfen zu dürfen, müsse man verdammt gut sein. Und trainieren, von Kindesbeinen an. Immer das gleiche Gerede!

Vor einem halben Jahr hatte seine Mutter einen römischen Zenturio kennengelernt. Sie war so vernarrt in den Soldaten, dass sie ihm sogar diesen neuen Vornamen gegeben hatte: Nelio, »der aus dem Geschlecht der Cornelier Stammende«. Dabei hatten sie keinen einzigen Römer in ihrer Ahnenreihe. Wie die Römer lebten, handelten und arbeiteten, wusste Nelio jedoch inzwischen bestens, denn sie lebten nun in dem römischen Haushalt des Zenturio in Pollentia, der Hauptstadt im Norden der großen Insel. Und dort, mit diesem überheblichen Getue, den ewigen Reinigungsritualen, der überbordenden Körperpflege, dem penetranten Geruch nach Duftölen und dem allgegenwärtigen Gebell überzüchteter Hunde, fühlte er sich wie in einem Carzer, so als hätte man ihn eingesperrt. Daher war Nelio immer froh, wenn seine Mutter ihn ziehen ließ, weil sie mit ihrem Zenturio allein sein wollte.

Doch heute musste er sich erst im Schleudern ertüchtigen. Allmählich sah er ein, dass er den Blicken seiner Mutter auf der Veranda nicht entkam. Selbst die beiden Hundsviecher schienen darauf zu warten, dass er seine Pflicht erfüllte. Also hob er das zwei Ellen lange Band vom Boden auf und hängte die geflochtene Schlaufe des einen Endes in den Daumen der rechten Hand, während er das andere Ende mit den vier Fingern gegen den Handballen presste. In die Beuge des Bands, dorthin, wo es mit einem kleinen Lederstück verstärkt war, legte er sorgsam einen gerundeten Flussstein. Dann sah er lustlos zum Baum hinüber. Vorsichtig ließ er das geflochtene Band in der Luft kreisen und beschleunigte derart, dass der Stein nach der dritten Umdrehung, als Nelio ein Ende des Bands ausließ und sich dadurch ein Knall wie von einer Peitsche löste, mit rasantem Tempo an dem Baum vorbeischoss. Das Brot hing immer noch in der Astgabel. Er sah hinüber zur Veranda, wo die Hunde den Kopf hoben und ihn zähnefletschend auszulachen schienen.

Nelio wiederholte den Versuch. Doch diesmal visierte er das Stück Brot genau an und dachte fest an die Flugbahn, die der Stein nehmen musste. Jetzt schoss der Stein genau auf den Baum zu und katapultierte das Brot aus der Astgabel. Grimmig grinste er in sich hinein und ging ruhig auf den kleinen Laib zu, der im Staub lag. Er hatte von dem Stein eine deutliche Delle abbekommen. Nelio hob ihn auf, rieb den Staub an seinem Gewand ab, biss genüsslich hinein und schlenderte erhobenen Hauptes auf seine Mutter zu. Er wusste nicht, ob es ein Zufallstreffer gewesen...

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