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Die Frauen vom Jungfernstieg. Gerdas Entscheidung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am18.01.20212. Auflage
Das Schicksal eines Hamburger Unternehmens.

Hamburg, 1889: Gerda ist fasziniert von Oscar, einem erfolgreichen Apotheker voller Tatendrang. Die beiden wollen sich etwas aufbauen. Oscar kauft das Labor eines gewissen Paul Carl Beiersdorf in Altona und beginnt mit der Entwicklung neuartiger Produkte. Doch so erfolgreich er auch ist, die Hanseaten meiden ihn wegen seiner modernen Ansichten - und weil er Jude ist. Um sein Ansehen zu retten, beginnt die kunstinteressierte Gerda in ihrer Villa Salonabende zu veranstalten und einflussreiche Gäste einzuladen. Wird es ihr gelingen, sich gegen ihre Widersacher zu behaupten und Oscars neueste Kreation zu retten?

Authentisch und berührend: diese große Familiensaga von Lena Johannson beruht auf wahren Begebenheiten.


Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie freie Autorin wurde. Vor einiger Zeit erfüllte sie sich einen Traum und zog an die Ostsee. Im Aufbau Taschenbuch sind u.a. ihre Bestseller 'Die Villa an der Elbchaussee', 'Jahre an der Elbchaussee', 'Töchter der Elbchaussee' sowie 'Die Malerin des Nordlichts' lieferbar. Mehr Informationen zur Autorin unter www.lena-johannson.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDas Schicksal eines Hamburger Unternehmens.

Hamburg, 1889: Gerda ist fasziniert von Oscar, einem erfolgreichen Apotheker voller Tatendrang. Die beiden wollen sich etwas aufbauen. Oscar kauft das Labor eines gewissen Paul Carl Beiersdorf in Altona und beginnt mit der Entwicklung neuartiger Produkte. Doch so erfolgreich er auch ist, die Hanseaten meiden ihn wegen seiner modernen Ansichten - und weil er Jude ist. Um sein Ansehen zu retten, beginnt die kunstinteressierte Gerda in ihrer Villa Salonabende zu veranstalten und einflussreiche Gäste einzuladen. Wird es ihr gelingen, sich gegen ihre Widersacher zu behaupten und Oscars neueste Kreation zu retten?

Authentisch und berührend: diese große Familiensaga von Lena Johannson beruht auf wahren Begebenheiten.


Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie freie Autorin wurde. Vor einiger Zeit erfüllte sie sich einen Traum und zog an die Ostsee. Im Aufbau Taschenbuch sind u.a. ihre Bestseller 'Die Villa an der Elbchaussee', 'Jahre an der Elbchaussee', 'Töchter der Elbchaussee' sowie 'Die Malerin des Nordlichts' lieferbar. Mehr Informationen zur Autorin unter www.lena-johannson.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841225566
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum18.01.2021
Auflage2. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2205 Kbytes
Artikel-Nr.5149265
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2
Gerda

Zur Verlobung reisten Oscars Eltern aus Breslau an. Louis Troplowitz trug das Haar, das ihm auf dem Kopf fehlte, als weißen Vollbart im Gesicht. Er hatte gütige Augen und ein eher stilles Wesen. Seine Frau Agnes, deren Onkel mütterlicherseits Gerdas Vater war, war eine aristokratische Erscheinung. Vorstehende Wangenknochen, eine schmale Nase, die womöglich eine Spur zu lang war, perfekt geschwungene Lippen. Auch sie traf das Verlöbnis nicht unvorbereitet, und auch sie waren darüber höchst erfreut.

Für Gerda änderte sich nicht viel. Jeden Tag aufs Neue war sie von Oscars Klugheit und seiner Offenheit hingerissen, mit jedem Morgen, der über Posen heraufdämmerte, freute sie sich auf ein Leben mit ihm. Er kam jetzt jeden Abend nach getaner Arbeit zu ihr und ihren Eltern in die gute Stube. Und er hielt nun regelmäßig ihre Hand. Zur Feier der Verlobung hatte er sie zart auf die Wangen geküsst. Das erste Mal, dass sein Mund sie sanft berührte. Sie war gespannt, wie er sich auf ihren Lippen anfühlen würde. Zwischen Gerda und Oscar herrschte schon jetzt großes Vertrauen und ein tiefes Verständnis füreinander. Der Gedanke, dass neben der seelischen auch eine körperliche Nähe auf sie wartete, löste aufgeregten Schauder in ihr aus. Und Vorfreude. Sie waren einander nicht am Tag der Verlobung vorgestellt worden, wie es durchaus hier und da vorkam. Gerda kannte ihren Oscar aus Kindertagen. Sie wusste, was sie an ihm haben würde, und war sicher, dass sie ihm auch in diesen Dingen vertrauen konnte.

Eine Freundin hatte mal gesagt: »Welch ein Glück, dass ich schwanger bin. So habe ich im Schlafzimmer erst mal Ruhe vor meinem Mann. Auch im Bett geht es nur um ihn.«

Oscar war anders. Gerda war sich ganz sicher, dass er in jeder Hinsicht für sie der Richtige war.

Und noch eines wurde ihr rasch klar: Mit Oscar würde es niemals langweilig werden. Stets spukte ihm eine Idee im Kopf herum. Immer wieder kam er weit nach Geschäftsschluss aus der Apotheke und brachte Gerda ein Öl mit.

»Sieh mal, Mutzl, hier habe ich etwas für dich. Du musst deine Haut damit einreiben, bevor du zu Bett gehst. Jeden Abend. Und in einer Woche sagst du mir, ob das lästige Spannen weggegangen ist.«

An einem anderen Tag saßen sie zu viert beieinander, Oscar, Gerda und ihre Eltern. Beide Männer in verschiedene Teile der Wochenzeitung vertieft.

»In Hamburg sind die Arbeiter auf die Straße gegangen«, erklärte ihr Vater. »Diese Bewegung wird uns das Leben noch schwer machen, fürchte ich.«

»Nicht nur in Hamburg«, entgegnete Oscar. Er klang weniger besorgt. »Sie fordern eine Reduzierung der Arbeitszeit auf achtundvierzig Wochenstunden, nur noch acht Stunden am Tag.« Er nickte langsam. »Das ist ein starkes Stück, das muss man sich leisten können.«

»Meine ich auch«, stimmte ihr Vater ihm zu.

»Aber sie haben schon recht, auf lange Sicht muss die Arbeitszeit verringert werden. Was bleibt ihnen sonst für ihr Leben, für ihre Familien?« Oscar lächelte Gerda zu. »Trotz so mancher Maschine schuften viele noch immer hart. Sie brauchen Zeit, sich zu erholen. Denkst du nicht, Gustav? Je weniger Pausen, desto mehr Gebrechen, desto weniger Leistung.«

Meist runzelte Vater die Stirn oder brummte etwas, doch so ganz von der Hand zu weisen war Oscars Betrachtungsweise scheinbar nicht, denn sie gerieten sich nie in die Haare. Gerda liebte die gemeinsamen Stunden im Familienkreis, in denen sie nichts zu tun hatte, als Oscar zu beobachten, ihre Ohren zu spitzen oder sich vielleicht mal an einer kleinen Zeichnung zu versuchen. Der Umgang mit Farben machte ihr Freude, das Gefühl, auf einem weißen Bogen Papier etwas zu erschaffen, das ohne sie nie dort gewesen wäre, hatte etwas sehr Befriedigendes. Sie fand sich nicht sonderlich begabt und würde es nie zur Meisterschaft bringen. Wollte sie auch gar nicht. Sie zeichnete zu ihrem eigenen Vergnügen, das war alles. Manches Mal bekam sie kaum mit, worüber sich Oscar mit ihrem Vater unterhielt, weil sie in ein Buch vertieft war oder in einen Artikel in einem Magazin. Zum Beispiel über den Maler Edvard Munch, von dem gerade alle Welt sprach. Gerda konnte wenig mit seinen Bildern anfangen, sie erschreckten sie sogar. Dennoch, irgendetwas an diesem Künstler zog auch sie in seinen Bann. Das war es, was sie an der Kunst so faszinierte: Selbst wenn sie einem nicht gefiel, konnte sie eine Wirkung entfalten, der man sich nicht entziehen konnte.

An diesem Tag malte Gerda nicht, und sie steckte ihre Nase auch nicht in ein Buch. Mutter stickte, Vater las die Zeitung, auch Oscar war hinter seiner Lektüre verschwunden. Er las viel, verschlang Buchstaben geradezu, wenn sie vom Tagesgeschehen oder aus der Geschäftswelt berichteten. Gerda saß einfach nur da und lauschte der Musik, die knisternd aus dem Wachswalzen-Phonographen tönte. Mit einem Mal schnellte Oscar vor, ließ das Blatt sinken und hatte einen Gesichtsausdruck, den sie noch nicht an ihm kannte. Eine Mischung aus Aufregung, Freude und größter Wachsamkeit.

»Diese Anzeige ist interessant«, sagte er ein wenig atemlos. »Hier in der Pharmazeutischen Zeitung.« Jetzt sah auch ihr Vater von seiner Lektüre auf. »Paul Carl Beiersdorf will sein vor acht Jahren in Altona gegründetes Labor sowie sein chemisch-pharmazeutisches Lager verkaufen. Das wäre es.«

»Ein Labor und Lager? In der Tat, das klingt interessant.« Ihr Vater atmete hörbar aus. »Wer, sagtest du, will es veräußern?«

»Du hast richtig gehört: Paul Carl Beiersdorf.«

»Das ist mehr als interessant. Seine medizinischen Pflaster haben einen ausgezeichneten Ruf. Warum will er nach nicht einmal zehn Jahren verkaufen? Die Geschäfte müssten prächtig laufen, wenn er nicht einen gravierenden Fehler gemacht hat.«

Die Musik war zu Ende, Gerda stand auf und nahm die Walze behutsam vom Phonographen. Sie setzte sich zu Oscar und warf einen Blick auf die Anzeige. Sofort nahm er ihre Hand in die seine, die sich feucht anfühlte.

»Hier steht etwas von privaten Gründen.«

»Private Gründe, aha.« Vater runzelte die Stirn. »Was sollte das sein? Warum will man sich von einem rentablen Unternehmen trennen, das man vor nicht allzu langer Zeit erst gegründet hat?«

»Vielleicht ein Schicksalsschlag, eine Erkrankung«, wandte Gerda ein. Sie spürte deutlich, dass Oscar das Angebot dieses Herrn Beiersdorf nicht so rasch würde vergessen können.

»Das denke ich auch, etwas in der Art ist sehr gut möglich.« Oscar drückte ihre Hand.

»Kannst du ihm nicht schreiben und ihn einfach fragen?«, schlug Gerda vor.

Ihr Vater lachte auf, auch Oscar lächelte.

»Private Gründe haben im Geschäftsleben nichts verloren, sonst wären sie ja nicht privat.« Er zwinkerte ihr zu. »Ich denke nicht, dass sie mich etwas angehen. Trotzdem hast du recht, es gibt noch einiges mehr, was ich gern wüsste. Ein Brief kann gewiss nicht schaden. Allerdings würde er mir sicher nicht offen mitteilen, sollte er eine folgenschwere Fehlentscheidung getroffen haben, schließlich wäre das ein Grund, um den Preis zu reduzieren«, überlegte Oscar laut. »Ein eigenes Laboratorium, eigene Entwicklungen und Neuheiten. Dazu noch der gute Name Beiersdorf, es ist genau das, worauf ich gewartet habe.«

Mehr als einmal hatte Oscar davon gesprochen, ein eigenes Geschäft führen zu wollen. Eines, das von A bis Z in seinem Sinne wäre, wie er sich ausdrückte. Eigene Produkte, eigene Räume, eigene Regeln. Etwas, das bliebe, wenn sein kurzes Gastspiel auf dieser Erde längst beendet wäre. Er wollte die Welt besser machen. Nur ein wenig, aber überall, wo es ihm möglich war.

»Dann zieh Erkundigungen ein. Schreib diesem Beiersdorf, damit du dir ein genaueres Bild machen kannst.« Ihr Vater vertiefte sich wieder in seine Zeitung.

Oscar folgte seinem Rat noch am selben Abend. Und er konnte die Antwort kaum abwarten.

Nach einigen Tagen war sie endlich da. Beiersdorf nannte die Konditionen: Dreißigtausend Mark wollte er sofort haben, den Rest über acht Jahre verteilt.

»Insgesamt eine stolze Summe«, sagte Oscar, den Brief in der Hand. »Aber ein anständiges Angebot.«

»Sofern das Geschäft so viel Geld wert ist«, wandte Gerda ein, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie viel man für ein Labor einschließlich der Apparaturen, Utensilien und natürlich der bereits gefertigten Produkte berappen musste.

»Wenn der Mann die Wahrheit schreibt, wovon ich ausgehe, zweifle ich nicht an dem Wert. Er behauptet, der Umsatz steige Jahr für Jahr, und verweist auf seine internationale Kundschaft, die er ganz sicher hat.« Gerda wollte jedes Detail erfahren, denn zum einen brauchte sie Oscar nur anzusehen, um zu wissen, dass sein Interesse nach Erhalt des Schreibens noch gewachsen war. Zum anderen würden sie sich ein gemeinsames Leben aufbauen. Wenn dieses Labor darin eine Rolle spielen sollte, würden viele Abende kommen, an denen sie sich darüber unterhalten würden. Letztlich würde Oscar im Betrieb die Entscheidungen treffen, doch sie hatte keinen Zweifel, dass er sie stets nach ihrer Meinung fragen würde. Anders wäre es für sie auch nicht vorstellbar. Umso wichtiger, dass sie von vornherein im Bilde war. Zudem ging es um eine stattliche Summe und damit um einen bedeutenden Schritt für ihre Zukunft. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die nichts vom Tun ihrer Männer wissen wollten und eines schönen Tages aus allen Wolken fielen. Mit geschlossenen Augen konnte man einen Abgrund nur schwer erkennen. Dreißigtausend Mark erschreckten sie...
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Autor

Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie freie Autorin wurde. Vor einiger Zeit erfüllte sie sich einen Traum und zog an die Ostsee. Im Aufbau Taschenbuch sind u.a. ihre Bestseller "Die Villa an der Elbchaussee", "Jahre an der Elbchaussee", "Töchter der Elbchaussee" sowie "Die Malerin des Nordlichts" lieferbar.

Mehr Informationen zur Autorin unter www.lena-johannson.de