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Blutmond

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
544 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am24.11.20221. Auflage
Harry Hole - unerbittlich wie nie. Harry Hole hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. In Los Angeles trinkt er sich als einer der zahllosen Obdachlosen fast zu Tode. Hin und wieder hilft er Lucille, einer älteren Filmdiva, die einem Drogenkartell eine Million Dollar schuldet. Zur gleichen Zeit werden in Oslo zwei Mädchen ermordet. Beide feierten auf der Yacht eines stadtbekannten Immobilienmaklers. Kommissarin Katrine Bratt fordert Harry Hole an, doch die Führungsetage der Polizei hat kein Interesse an dem Spezialisten für Mordserien. Der Makler hat weniger Skrupel und bietet Hole als privatem Ermittler ein Vermögen, um seinen Ruf zu schützen. Hole willigt ein, denn er sieht eine Chance, Lucille freizukaufen, und sucht sich ein Team, bestehend aus einem Kokain-dealendem Schulfreund, einem korrupten Polizisten und einem schwer an Krebs erkrankten Psychologen. Die Zeit läuft, während über Oslo ein Blutmond aufzieht.  Der neue Bestseller aus Skandinavien, der Sie zum Schaudern bringt.

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,99
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextHarry Hole - unerbittlich wie nie. Harry Hole hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. In Los Angeles trinkt er sich als einer der zahllosen Obdachlosen fast zu Tode. Hin und wieder hilft er Lucille, einer älteren Filmdiva, die einem Drogenkartell eine Million Dollar schuldet. Zur gleichen Zeit werden in Oslo zwei Mädchen ermordet. Beide feierten auf der Yacht eines stadtbekannten Immobilienmaklers. Kommissarin Katrine Bratt fordert Harry Hole an, doch die Führungsetage der Polizei hat kein Interesse an dem Spezialisten für Mordserien. Der Makler hat weniger Skrupel und bietet Hole als privatem Ermittler ein Vermögen, um seinen Ruf zu schützen. Hole willigt ein, denn er sieht eine Chance, Lucille freizukaufen, und sucht sich ein Team, bestehend aus einem Kokain-dealendem Schulfreund, einem korrupten Polizisten und einem schwer an Krebs erkrankten Psychologen. Die Zeit läuft, während über Oslo ein Blutmond aufzieht.  Der neue Bestseller aus Skandinavien, der Sie zum Schaudern bringt.

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843728775
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum24.11.2022
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.13
Seiten544 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3189 Kbytes
Artikel-Nr.9681278
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog

»Oslo«, sagte der Mann und führte das Whiskyglas an die Lippen.

»Wirklich? Das ist deine Lieblingsstadt?«, fragte Lucille.

Er starrte vor sich hin, er schien über seine Antwort nachdenken zu müssen, dann nickte er. Sie musterte ihn, als er trank. Er war groß, und obwohl er neben ihr auf dem Barhocker saß, überragte er sie deutlich. Er musste mindestens zehn, vielleicht zwanzig Jahre jünger als sie mit ihren zweiundsiebzig sein, das ließ sich bei Alkoholikern nur schwer genauer sagen. Gesicht und Körper waren wie aus Holz geschnitzt: mager, konturiert und sehnig. Die Haut war blass, und auf der Nase zeichnete sich ein feines Netz blauer Adern ab, das zusammen mit den rot unterlaufenen Augen und der verwaschen blauen Iris zu erkennen gab, dass er ein hartes Leben mit viel zu viel Alkohol hinter sich hatte und hart aufgeschlagen war. Vielleicht hatte er auch zu sehr geliebt, denn im Laufe des Monats, in dem er zum neuen Stammgast im Creatures avanciert war, hatte sie manchmal Schmerz in seinem Blick gesehen. Wie ein geprügelter Hund, aus dem Rudel ausgestoßen, hatte er immer am hintersten Ende des Tresens gesessen. Neben Bronco, dem mechanischen Stier, den der Barbesitzer vom Filmset des gigantischen Flops Urban Cowboy hatte mitgehen lassen, wo er als Requisiteur gearbeitet hatte. Der Stier sollte daran erinnern, dass Los Angeles nicht auf Filmerfolgen beruhte, sondern auf einer Müllhalde finanziellen und menschlichen Scheiterns gebaut war. Mehr als achtzig Prozent der Filme waren totale Misserfolge und schrieben rote Zahlen. L. A. hatte den höchsten Anteil an Obdachlosen in den ganzen USA, vergleichbar mit Städten wie Bombay. Der Verkehr schnürte der Stadt langsam den Hals zu, wenn sie nicht bereits vorher in Straßenkriminalität, Gewalt und Drogen versank. Aber die Sonne schien. Ja, die verfluchte kalifornische Zahnarztlampe ging nie aus, sie brannte gnadenlos vom Himmel und ließ den ganzen Flitter dieser scheinheiligen Stadt wie Diamanten glitzern, wie echte Erfolgsstorys. Wenn sie nur wüssten. Wie sie, Lucille, es wusste, denn sie war da gewesen, hatte auf und hinter der Bühne gestanden.

Nicht so der Mann neben ihr, er hatte definitiv nie auf einer Bühne gestanden, Schauspieler erkannte sie auf den ersten Blick. Er sah aber auch nicht wie jemand aus, der voller Bewunderung, Hoffnung und Neid gen Rampenlicht starrte. Eher wie jemand, dem alles egal war. Der genug mit sich selbst zu tun hatte. Ein Musiker? Vielleicht. Eine Art Frank Zappa, der in irgendeinem Keller hier im Laurel Canyon unzugängliche Sachen produzierte und nie berühmt geworden war? Und auch niemals berühmt werden würde.

Nach einer Weile hatten Lucille und der Neue sich hin und wieder zugenickt oder kurz gegrüßt, wie es die Vormittagsgäste in einer Bar für seriöse Trinker taten. An diesem Tag nun hatte sie sich zum ersten Mal neben ihn gesetzt und ihm einen Drink spendiert.

Das heißt, sie hatte den Drink bezahlt, den er bereits bestellt hatte. Ben hatte ihm seine Kreditkarte mit einem Kopfschütteln zurückgegeben, das besagte, dass die Karte nicht gedeckt war.

»Und? Erwidert Oslo deine Liebe?«, fragte sie. »Das ist doch wohl die entscheidende Frage.«

»Wohl kaum«, sagte er. Als er sich mit der Hand über den kurzen Bürstenschnitt, das sehr helle, fast graue Haar fuhr, bemerkte sie, dass er am Mittelfinger eine Metallprothese trug. Er war kein gut aussehender Mann, und die dunkle Narbe, die sich wie ein J vom Mundwinkel bis zum Ohr zog - als hätte er einmal wie ein Fisch am Haken gehangen -, machte die Sache nicht besser. Aber er hatte etwas. In all der Hässlichkeit lag etwas Schönes, etwas Gefährliches, wie sie es auch von einigen ihrer Kollegen hier in der Stadt kannte. Christopher Walken. Nick Nolte. Und er hatte breite Schultern. Vielleicht schien das auch nur so, weil er so schmal war.

»Ach ja, so ist das doch oft mit den Menschen, die wir begehren«, sagte Lucille. »Sie erwidern unsere Liebe nicht, wir sind aber dumm genug zu glauben, dass sie es vielleicht doch irgendwann tun, wenn wir uns nur genug anstrengen.«

»Was machst du?«, fragte der Mann.

»Trinken«, erwiderte sie und hob das Whiskyglas. »Und Katzen füttern.«

»Hm.«

»Vermutlich willst du wissen, wer ich bin. Also, ich bin ...« Sie schaute auf das Glas in ihrer Hand und fragte sich, welche Version sie ihm erzählen sollte. Die gesellschaftlich opportune oder die wahre? Sie trank einen Schluck, stellte das Glas ab und entschied sich für Letztere. Verdammt!

»Eine Schauspielerin, die eine große Rolle gespielt hat. Julia, in der noch immer besten Filmversion von Romeo und Julia, an die sich aber niemand mehr erinnert. Eine große Rolle hört sich nicht nach viel an, ist aber mehr, als die meisten Schauspieler hier in der Stadt erreichen. Ich war dreimal verheiratet, zweimal mit reichen Filmproduzenten, von denen ich mich habe scheiden lassen, wobei das beide Male sehr zu meinen Gunsten ausgegangen ist. Auch das ist nicht allen Schauspielern vergönnt. Nummer drei war der Einzige, den ich geliebt habe. Ein Schauspieler und Adonis ohne Geld, Disziplin und Gewissen. Er hat mein gesamtes Vermögen auf den Kopf gehauen und mich verlassen. Ich liebe ihn noch immer, möge er in der Hölle schmoren.«

Sie leerte das Glas, stellte es auf den Tisch und gab Ben ein Zeichen nachzufüllen. »Ja, und weil ich immer das will, was ich nicht haben kann, investiere ich Geld, das ich nicht habe, in ein Filmprojekt, das mit einer großen Rolle für eine ältere Frau lockt. Ein Projekt mit einem intelligenten Drehbuch, Schauspielern, die ihr Handwerk verstehen, und einem Regisseur, der die Zuschauer zum Nachdenken anregen will. Kurzum ein Projekt, bei dem jeder vernünftige Mensch weiß, dass es zum Scheitern verurteilt ist. So, jetzt weißt du es, ich bin eine Träumerin, eine Verliererin, eine typische angelina.«

Der Mann mit der J-Narbe lächelte.

»Okay, genug geplaudert«, sagte sie. »Wie heißt du?«

»Harry.«

»Du redest nicht viel, Harry.«

»Hm.«

»Schwede?«

»Norweger.«

»Bist du auf der Flucht vor etwas?«

»Sehe ich so aus?«

»Ja. Du trägst einen Ehering. Auf der Flucht vor der Frau?«

»Sie ist tot.«

»Aha, auf der Flucht vor der Trauer.« Lucille prostete ihm zu. »Willst du wissen, welchen Ort ich am meisten liebe? Diesen hier, Laurel Canyon. Nicht so, wie er jetzt ist, sondern wie er mal war, Ende der Sechziger. Das hättest du sehen sollen, Harry. Wenn du da überhaupt schon auf der Welt warst.«

»Ja, das ist mir mittlerweile auch klar geworden.«

Sie zeigte auf die gerahmten Fotos an der Wand hinter Ben.

»All die Musiker, die hier waren. Crosby, Stills, Nash und wie heißt noch mal der letzte?«

Harry lächelte erneut.

»The Mamas and the Papas«, fuhr sie fort. »Carole King. James Taylor. Joni Mitchell.« Sie zog die Nase hoch. »Sah noch aus wie ein Schulmädchen und hörte sich auch so an, hatte aber mit jedem was laufen. Sogar mit Leonard, er hat hier einen Monat lang mit ihr gewohnt. Eine Nacht durfte ich ihn mir aber ausleihen.«

»Leonard Cohen?«

»Klar. Ein feiner, netter Mann. Er hat mir beigebracht, wie man reimt. Und dass die meisten Leute den Fehler machen, mit der einen guten Zeile anzufangen, die sie haben, und dann nur noch fragwürdigen Mist dranhängen. Der Trick besteht darin, das weniger Gute an den Anfang zu setzen, da bemerkt es noch niemand. Fängt man gleich mit der guten Zeile an: Your hair on the pillow like a sleepy golden storm , und ergänzt dann, damit es sich reimt, eine banalere Zeile wie We made love in the morning, our kisses deep and warm , macht man alles kaputt. Tauscht man die Reihenfolge und schreibt: We made love in the morning, our kisses deep and warm, your hair on the pillow like a sleepy golden storm , ist das viel organischer und eleganter. Wir glauben ja, dass der Dichter in derselben Reihenfolge denkt, in der er schreibt. Wir glauben, dass das, was passiert, eine Folge dessen ist, was vorher passiert ist, und nicht umgekehrt.«

»Hm, und du meinst, dass das, was passiert, eine Folge dessen ist, was passieren wird?«

»Genau, Harry. Kapierst du das?«

»Ich bin mir nicht sicher. Hast du ein Beispiel?«

»Ja, klar.« Sie trank aus. Es musste ihm etwas an ihrem Ton aufgefallen sein, denn er zog eine Augenbraue hoch und scannte rasch das Lokal.

»Jetzt, hier, in der Gegenwart, erfährst du, dass ich Schulden wegen eines Filmprojekts habe«, sagte sie und schaute durch das schmutzige Fenster mit den halb runtergezogenen Rollos nach draußen, zum staubigen Parkplatz vor der Bar. »Und das ist kein Zufall, sondern eine Konsequenz dessen, was geschehen wird. Da draußen steht nämlich ein weißer Camaro neben meinem Auto.«

»Und drin sitzen zwei Männer«, sagte er. »Der steht da schon seit zwanzig Minuten.«

Sie nickte. Was Harrys Beruf anging, hatte sie richtiggelegen, das hatte er ihr gerade bestätigt.

»Dieser Wagen stand heute schon...
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Autor

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.Günther Frauenlob, Jahrgang 1965. Er arbeitet seit über zwanzig Jahren als literarischer Übersetzer für Norwegisch und Dänisch. Zu den von ihm übersetzten Autoren zählen u.a. Lars Mytting und Gard Sveen. Er lebt in Waldkirch in der Nähe von Freiburg.
Weitere Artikel von
Frauenlob, Günther
Übersetzung